Das Abbremsen der Gier und die Erweiterung der Genügsamkeit

Genügsamkeit (Qana’ah) bedeutet, dass der Mensch für die Gaben in seinem Besitz dankbar ist und sich mit diesen zufrieden gibt. Die Gier (Hirs) stellt sich dem gegenüber. Das Wort Hirs, das als „heftige Begierde nach etwas, die Besessenheit für etwas, unaufhörliche Wünsche, Habgier“ definiert werden kann, beschreibt als ein Begriff der Moral die Begierde und Besessenheit, die den Menschen gänzlich mitreist, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Ein gieriger Mensch mit unersättlichen Wünschen und Begierden ist fern von Überlegungen wie der Entrichtung der Zakah, dem Spenden und der Leistung von Hilfe. 
Ein genügsamer Mensch hingegen weiß seine Leidenschaften, Begierden und Wünsche an einem gewissen Punkt einzuschränken. Er fürchtet nicht, dass er durch die Entrichtung der Zakah an Vermögen verlieren oder in Hungersnot geraten könnte. Er glaubt daran, dass es Allah ist, Der die Menschen versorgt. Er trachtet nicht nach dem Besitz eines anderen. Er ist sich dessen bewusst, dass der wahrhaftige Reichtum nicht der Überfluss des Vermögens, sondern der Reichtum des Herzens ist. (Bukhari, Riqaq, 15; Muslim, Zakah, 120) Er ist auch dann glücklich, wenn er wenig an weltlichem Eigentum besitzt. Denn er ist sich darüber im Klaren, dass Eigentum, Besitz und Vermögen nicht unbedingt Glück und Wohlbefinden mit sich bringen. Aus diesem Grund trauert er weder entgangenen Chancen hinterher noch verliert er sich in der Prahlerei mit dem Erworbenen. Er gerät nicht in den Bann weltlicher Dinge. Er verdient sich seinen Lebensunterhalt auf halal und legitimen Wegen. Ein Mensch aber, der Vermögen und Reichtum begehrt und jeglichen Weg einschlägt, um diese zu erzielen, schadet nicht nur sich selbst, sondern auch anderen.
Allahs Liebe zu erlangen ist durch die Genügsamkeit möglich. So antwortete der Gesandte Allahs einem seiner Gefährten, der ihn fragte, welche Tat er begehen müsse, um sowohl die Liebe Allahs als auch die Liebe der Menschen zu gewinnen: „Begehre nicht die Welt, sodass Allah dich liebt. Begehre nicht den Besitz der Menschen, sodass auch die Menschen dich lieben.“ (Ibn Madscha, Zuhd, 1) Obligatorische und freiwillige Hilfen, die wohlhabende Menschen lediglich um Allahs Willen an Bedürftige leisten, stärken das Gefühl der Genügsamkeit und verleiten dazu, dass diese Genügsamkeit positive Auswirkungen auf ihr Leben hat. 

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