Das Prophetentum und die Offenbarung (Wahiyy)
Die wichtigste Eigenschaft, die alle Propheten gemein haben, ist das Empfangen von Offenbarungen. Dies ist zugleich eine Eigenschaft, die sie von den anderen Menschen unterscheidet. Im heiligen Koran wird diese Tatsache wie folgt angesprochen: „Sag: Gewiss, ich bin ja nur ein Mensch wie ihr. Jedoch wird mir (als Offenbarung) eingegeben, dass euer Gott nur ein Einziger Gott ist…“ (Fussilat, 41/6) Jeder Prophet erhielt Offenbarungen von Allah. Aus diesem Grund sind das Prophetentum und die Offenbarung zwei voneinander untrennbare Begriffe. Das Empfangen von Offenbarungen ist eine gemeinsame Eigenschaft aller Propheten. In einem Koranvers wird besagt: „Gewiss, Wir haben dir (Offenbarung) eingegeben, wie Wir Nuh und den Propheten vor ihm (Offenbarung) eingegeben haben. Und Wir haben Ibrahim, Ismail, Ishaq, Yakub, den Asbat (Enkeln), Isa, Ayyub, Yunus, Harun und Sulaiman (Offenbarung) eingegeben. Und Dawud haben Wir Zabur gegeben.“ (an-Nisa, 4/163) Indem die Propheten die von Allah erhaltenen Offenbarungen den Menschen überbrachten, bildeten sie die Kommunikationsbrücke zwischen Allah und den Menschen. Die Offenbarungen von Allah erhielten die Propheten ohne ihren eigenen Willen und auf eine Weise, die für andere Menschen nicht möglich ist zu erleben.
Der Aspekt, der dem Prophetentum Bedeutung verleiht, ist, dass somit der Kontakt zwischen Allah und den Menschen aufgebaut wird. Dieser Kontakt verwirklicht sich durch die Offenbarung. Die Offenbarung (Wahiyy) ist ein besonderer Weg der Kommunikation, den Allah bestimmte, um Seinen Dienern kundzumachen, was Er will.
Wahiyy trägt Bedeutungen wie „geheimes Gespräch, Entsendung, Befehl/Anordnung, Zeichen, Eingebung“. Als Begriff beschreibt Wahiyy Allahs Mitteilung, von Dingen, die Er will, an Seinen Propheten auf eine Art und Weise, die wir in ihrer Beschaffenheit nicht ganz erfassen können; eine Art der geheimen und schnellen Verständigung zwischen Allah und Seinem Gesandten; das, was Allah in das Herz Seines Gesandten eingibt. So wie die Propheten die Offenbarung mithilfe des Engels erhielten, konnte dies auch mittellos geschehen. Lediglich die Propheten kennen die Art und die Beschaffenheit der Offenbarung. Der Prophet, der die Offenbarung erfährt, findet in sich ein Wissen und eine Erleuchtung wieder, sodass er nicht im Geringsten daran zweifelt, dass diese Eingebung von Allah kommt. Auch ist es möglich, dass Allah Menschen, die keine Propheten sind, offenbart. So erhielten beispielsweise die Mütter der Propheten Moses (Musa) und Jesus (Isa) Offenbarungen. Jedoch wurden diese als Eingebungen bewertet. Allah offenbarte den Propheten auf verschiedenen Wegen wie mit wahrhaftigen Träumen, mittels des Engels der Offenbarung oder ohne Mittel. Bezüglich der Offenbarung verkündet Allah in einem Vers: „Und es steht keinem menschlichen Wesen zu, dass Allah zu ihm spricht, außer durch Eingeben (von Offenbarung) oder hinter einem Vorhang, oder indem Er einen Boten sendet, der (ihm) dann mit Seiner Erlaubnis (als Offenbarung) eingibt, was Er will…“ (asch-Schura, 42/51)
Der wahrhaftige Traum: In den Anfangszeiten des Prophetentums (Nubuwwah) trifft die Offenbarung in der Form ein, nach der die Träume des Propheten eins zu eins wahr werden. Es wird übermittelt, dass sich alle Träume, die der Prophet am Anfang seines Prophetentums sah, so deutlich wie das Morgenlicht eins zu eins verwirklichten. Auch die anderen Propheten erhielten Offenbarungen dieser Art.
Die Überbringung der Offenbarung von einem Engel: Bei dieser Art der Offenbarung überbringt Dschabrail, der Engel der Offenbarung, dem Propheten die Offenbarung entweder sichtbar in seiner eigenen Gestalt, unbemerkt in der Gestalt eines Menschen (Tamassul) oder auch unsichtbar.
Die mittellose Offenbarung: Diese Offenbarung verwirklicht sich, indem Allah hinter einem Vorhang unmittelbar zum Propheten spricht oder in seinem Verstand (Herz) eine Art des Wissens erschafft und somit erwirkt, dass der Prophet das Gebot und Verbot erfasst. Die Offenbarungen, die der Prophet Moses auf dem Tur-Berg erhielt und die der Prophet Muhammed während des Miradsch erhielt, sind von dieser Art. (Topaloğlu, Bekir u.a., Islam’da Iman Esasları, S. 301)
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