Das Übertragen des Verdienstes auf den Bedürftigen
Der Islam möchte nicht, dass die Wirtschaftsstruktur der Gesellschaft eine pyramidenhafte Form annimmt. Er sieht durch obligatorische Entrichtungen wie der Zakah und freiwillige Ausgaben einen Besitz- und Vermögenstransfer von den Wohlhabenden zu den Unbemittelten der Gesellschaft vor. Mit dem Vers „Sie gestanden an ihrem Besitz den (Hilfe) Wollenden und den Unbemittelten (die aufgrund ihrer Iffah1 nicht bitten können) ein Anrecht zu.“ (adh-Dhariyat, 51/19) wird im heiligen Koran betont, dass die Zakah das natürliche Recht des Armen ist, der sich unter der Obhut des Wohlhabenden befindet. Als der Prophet (saw.) Muadh ibn Dschabal als Gouverneur in den Jemen sandte, erteilte er ihm folgende Anweisung: „Du gehst (als Verwalter) zu einer Gesellschaft der Ahl al-Kitab2. Lade sie zunächst zur Dienerschaft (Ergebenheit) für Allah ein. Wenn sie dies akzeptieren, so teile ihnen mit, dass Allah jeden Tag und jede Nacht das Ritualgebet zu fünf (Gebets-) Zeiten als Fardh (Pflicht) erklärte. Wenn sie dies verrichten, so verkünde ihnen, dass Allah die Zakah als Fardh auferlegte. Diese Zakah wird von den Besitztümern der Reichen genommen und den Armen vergeben.“ (Bukhari, Zakah, 41)
Wie aus den Koranversen und den Ahadithen zu verstehen ist, findet mit der Zakah, die eine Ibadah ist, welche mit dem Vermögen verrichtet wird, eine Übertragung des Besitzes und des Vermögens von den Wohlhabenden der islamischen Gesellschaft zu den Unbemittelten statt. Zugleich wird auch ein gegenseitiger Transfer der Kenntnisnahme, Anteilnahme, und der Zuneigung bewerkstelligt. Arme, Hilfsbedürftige, Verschuldete und auf der Strecke Gebliebene werden wahrgenommen. Somit wird eine mögliche Feindschaft der ärmeren Gesellschaftsschicht gegenüber den Wohlhabenden von selbst verhindert.
1 Die Iffah ist die Tugend, die den Menschen davor schützt, übermäßig an körperlichen und materiellen Vergnügen zu hängen.
2 Als Ahl al-Kitab werden diejenigen bezeichnet, die an die Bücher, die Allah seinen Propheten sandte, glauben.
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