Der Besuch des Propheten Muhammed und der Masdschid an-Nabawi

Obwohl es keine Notwendigkeit des Hadsch ist, begeben sich die Muslime entweder vor oder nach der Pilgerfahrt nach Medina, um dort die letzte Ruhestätte und die Masdschid (Moschee) des Gesandten Allahs zu besuchen. 
Medina ist das Heim der Hidschrah (Auswanderung). Infolge der Bedrängnis und der Qual, welchen die Muslime seitens der Muschrikun (Polytheisten) ausgesetzt waren, wanderten der Prophet und seine Gefährten nach Medina aus. Der Gesandte Allahs verbrachte hier die letzten zehn Jahre seines Lebens, hier wurde der Großteil des heiligen Korans offenbart und die beispiellose Geschwisterlichkeit zwischen Ansar1 und Muhadschirun2 fand hier statt. Der Prophet Muhammed nahm hier seinen letzten Atemzug und wurde hier bestattet. 
Die Muslime, die Liebe und Sehnsucht für Medina empfinden, erlangen mit der Pilgerfahrt die Möglichkeit, die Masdschid an-Nabawi, die Grabstätte des Propheten, den Friedhof al-Baqi, in welchem sich die Grabstätten der meisten Familienangehörigen und Freunde des Propheten befinden, den Ehrenfriedhof der Uhud-Märtyrer und viele weitere Orte, die hinsichtlich der islamischen Geschichte von Bedeutung sind, zu besuchen. 
Der Besuch der Masdschid an-Nabawi wurde vom Propheten persönlich gefördert (Bukhari, Sawm, 67) und es wurde verkündet, dass ein hier verrichtetes rituelles Pflichtgebet tausend verrichteten Pflichtgebeten in anderen Moscheen - außer in der Masdschid al-Haram - gleich ist. (Nasa’i, Masadschid, 4) Wiederum teilte der Gesandte Allahs mit, dass derjenige, der nach seinem Ableben seine Grabstätte besucht, so ist, als hätte er ihn zu seinen Lebzeiten besucht. Er verkündete jenen, die seine Grabstätte besuchen, sein Schafa’at.3 (Bayhaqi, as-Sunan al-Kubra, V, S. 402-403)
Der Prophet Muhammed hauchte seine Seele im Zimmer von Aischa (ra.) aus und wurde hier begraben. Auch die Grabstätten von Abu Bakr (ra.) und ʿUmar (ra.) befinden sich neben der Grabstätte des geliebten Propheten. All ihre Grabstätten befinden sich heute in der Masdschid. Die Grabstätten des Propheten und der zwei Gefährten (Sahaba) sollten begrüßt und besucht werden, ohne dabei zu drängeln und zu rangeln sowie ohne jegliches unanständiges Benehmen aufzuzeigen. Wenn es während dem Besuch möglich ist, sollte an der Stelle, die der Prophet mit den Worten „(Die Stelle) zwischen meinem Haus und meiner Minbar4 ist ein Garten der Paradiesgärten.“ (Bukhari, Fadhl as-Salah fi Masdschid al-Mekka, 5) beschrieb und die „Rawdha Mutahharah“ genannt wird, zwei Gebetseinheiten rituelles Gebet verrichtet und Bittgebete gesprochen werden. Wenn dies nicht möglich ist, so sollte dies an einem geeigneten Platz der Masdschid vollzogen werden. 
Auf dem Weg nach Medina sollte sich der Pilger als ein Beschreitender der Hidschrah sehen und daran denken, dass die Hidschrah - so wie es unser Prophet formulierte - im Grunde das Verlassen der Dinge ist, die Allah verboten hat. (Bukhari, Iman, 4) Er sollte während seines Aufenthalts in Medina seine rituellen Pflichtgebete weit möglichst in der Masdschid an-Nabawi in Gemeinschaft verrichten und sich darum bemühen, die spirituelle Atmosphäre Medinas zu genießen. 
Der Muslim sollte sich das beispielhafte Leben der Ashab al-Kiram (der ehrenwerten Gefährtengruppe des Propheten) in Erinnerung rufen, versuchen, die Geschwisterlichkeit zwischen Ansar und Muhadschir zu verstehen, und sich darum bemühen, diesen Geist in seinen eigenen zwischenmenschlichen Beziehungen weiterleben zu lassen. Er sollte sich die Treue Abu Bakrs, die Gerechtigkeit ʿUmars, das Schamgefühl (Haya’) ʿUsmans, die Gottesfurcht (Taqwa) Alis, die Klugheit Aischas und alle schönen Beispiele der Sahaba wie Geduld, Langmut, Genügsamkeit und Großzügigkeit als Richtlinie nehmen.
Jeder Pilger sollte die Bedeutung, die Medina zu einer gesegneten, von Nur leuchtenden Stadt macht, verinnerlichen und in seine Heimat kehren, indem er den heiligen Koran und die Sunnah des Gesandten Allahs zum leitenden Licht seines Lebens macht.


1 Als Ansar werden die medinensischen Muslime bezeichnet, die dem Propheten und den Muhadschirun (muslimischen Auswanderern aus Mekka) nach ihrer Ankunft in Medina halfen.

2 Als Muhadschir wird eine Person bezeichnet, die in der Zeit des Propheten von Mekka nach Medina auswanderte.
3 Dass die Propheten im Jenseits Allah anflehen und zu Ihm beten, damit die Gläubigen Gnade finden, wird Schafa’at genannt. 
4 Minbar bezeichnet die Kanzel in der Moschee, auf der der Imam die Hutba (Predigt) hält.

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