Der gute Ahlaq in der Sunnah

Die Sunnah beschreibt im allgemeinsten Sinne das Leben und die Lebensweise des Propheten Muhammed (saw.). Der Gesandte Allahs, der den Menschen die religiösen Bestimmungen kundmachte, setzte diese Bestimmungen zunächst in seinem eigenen Leben um und leistete der Wahiyy1 als erster Folge. Die Aussage Aischas (ra.)2 „Sein Charakter war der heilige Koran.“ (Muslim, Musafirin, 139) ist die schönste Formulierung dieser Tatsache. 
Unser erhabener Herr stellte im heiligen Koran die Lebensweise des Propheten Muhammed als ein schönes Beispiel für uns dar: „Ihr habt ja im Gesandten Allahs ein schönes Vorbild, (und zwar) für einen jeden, der auf Allah und den Jüngsten Tag hofft und Allahs viel gedenkt.“ (al-Ahzab, 33/21) Folglich ist die Sunnah nach dem heiligen Koran die zweite Quelle der religiösen Bestimmungen und des guten Ahlaqs.
Der Prophet, der „Ich wurde gesandt, um die moralischen Schönheiten zu vervollkommnen.“ (Muwatta, Husn al-Halq, 1) sprach, verkündet mit dieser Aussage, dass sein Leben zugleich eine Quelle des Ahlaqs ist. Wie unser Schöpfer im Vers „Und du bist wahrlich von großartiger Wesensart.“ (al-Qalam, 68/4) betont, ist das Leben des Propheten voller Beispiele des guten Ahlaqs. Die Worte Hadidschas (ra.), der Ehefrau des Gesandten Allahs, die sie dem Propheten widmete, als dieser durch die erste Begegnung mit dem Offenbarungsengel Dschabrail in Furcht geriet, sind von großer Bedeutung, da sie seinen vorbildlichen Charakter aufzeigen: „Ich schwöre bei Allah, Allah wird dich niemals in Verlegenheit bringen. Denn du sorgst dich um deine Verwandtschaft, nimmst die Last derer auf dich, die ihre Aufgaben nicht selbst bewältigen können, besorgst dem Armen eine Einkommensquelle, du beherbergst/bewirtest den Besucher, hilfst (dem Volk) bei Problemen, die auf dem rechten Weg aufkommen.“ (Bukhari, Badu’l-Wahiyy, 1) Aischa antwortete der Person, die nach dem Ahlaq des gesandten Allahs fragte, wie folgt: „Er ist keinesfalls eine grobe Person, er streitet weder auf der Straße noch auf dem Markt mit den Menschen, er erwidert eine Übeltat nicht mit einer Übeltat, er vergibt und handelt nachsichtig.“ (Tirmidhi, Birr, 69)
Der Gesandte Allahs würdigte sein Gegenüber und schenkte ihm Aufmerksamkeit. In zwischenmenschlichen Beziehungen bevorzugte er es, vergebend und sanftmütig zu sein und kam jedem mit Barmherzigkeit entgegen. Er hegte weder Groll noch Zorn gegenüber 
Menschen und ging nicht hart oder streng mit ihnen um. Auf diese Eigenschaften des Propheten wies Allah wie folgt hin: 
„Durch Erbarmen von Allah bist du mild zu ihnen gewesen! Wärst du aber schroff und hartherzig, so würden sie wahrlich rings um dich auseinanderlaufen. So verzeihe ihnen, bitte für sie um Vergebung…“ (Al-i Imran, 3/159) Er hielt den Menschen ihre Fehler nicht vor; wenn er etwas kritisieren wollte, machte er dies, ohne einen Namen zu nennen und brachte niemanden in Verlegenheit. 
Der Prophet Muhammed (saw.) mochte es, in Gesellschaft zu essen. Er fing das Essen mit der Basmala3 an, benutzte beim Essen seine rechte Hand, beendete es, bevor sein Magen überfüllt war und wusch sich sowohl vor als auch nach dem Essen die Hände. Er nahm nichts zu sich, was der Gesundheit schadete, haram (von Allah verboten) war oder von dessen Geruch andere gestört werden konnten. Ansonsten sagte er für keine Speise, er möge sie nicht. Er folgte stets den Tischmanieren und lehrte diese seinem Umfeld mit Geduld und Höflichkeit. Er achtete bei seiner Bekleidung auf Sauberkeit sowie Schlichtheit und mochte die Unsauberkeit nicht. Er sah die Reinheit als „die Hälfte des Glaubens“ (Muslim, Taharah, 1) an. So wie er selbst stets sauber war, versuchte er auch, dies seinem Umfeld anzugewöhnen. Er legte keinen Wert auf Prunk und Pracht, und sorgte sich nicht übermäßig um vergängliche Probleme. Auch anderen empfahl er, sich mit dem, was sie besitzen, zu begnügen und dem Leben gegenüber optimistisch zu sein. Er war sehr großmütig. Er mochte es zu vergeben, verletzte niemanden und wünschte selbst seinen Feinden Gutes. Er hasste die Arroganz und den Hochmut und sagte, dass die Person, die auch nur ein Körnchen Hochmut im Herzen trägt, nicht in das Paradies eintreten wird. (Muslim, Iman, 147) Er machte sich gegenüber niemandem wichtig; doch machte er sich gegenüber seinen Feinden auch nicht klein. Er bewahrte die Gerechtigkeit mit Sorgsamkeit und behandelte die Menschen nicht nach ihrer Position oder ihrem Rang. Er respektierte seine Ehefrauen und berücksichtigte ihre Rechte. Selbst wenn er in der Nacht Ibadah (Glaubenspraxen) verrichten wollte, zeigte er die Höflichkeit um die Erlaubnis seiner Ehefrau zu bitten. Er mochte es, mit seinen Familienmitgliedern zu scherzen. Das gesamte Leben des Gesandten Allahs ist voller Verhaltensweisen dieser Art, die ein Widerschein des guten Ahlaqs sind. 
Wie an den Beispielen zu sehen ist, war der Prophet den Menschen ein Vorbild, indem er die guten und schönen Handlungen selbst durchführte und sich an erster Stelle selbst vor schlechten und verbotenen Handlungen fernhielt. Zudem wies er bei jeder Gelegenheit auf die Wichtigkeit des guten Ahlaqs hin und forderte die Muslime dazu auf, einen guten Charakter aufzuweisen: „Der Vorzüglichste unter euch ist derjenige, dessen Ahlaq (Charakter) der schönste ist.“ (Bukhari, Adab, 38); „Wo immer du dich auch befinden magst, sei dir deiner Verpflichtung gegenüber Allah bewusst.“ (Tirmidhi, Birr, 55); „Es gibt nichts, was am Jüngsten Tag in der Waage des Gläubigen schwerer lastet als der gute Charakter (Ahlaq)…“ (Tirmidhi, Birr, 62). Außerdem lehrte er uns mit seinen Bittgebeten wie „Oh Allah! So wie du meine Schöpfung schön machtest, so verschönere auch meinen Ahlaq (Charakter).“ (Ibn Hanbal, I, 403) und „…Schaffe den schlechten Ahlaq (Charakter) von mir fort…“ (Muslim, Musafirin, 201), dass wir bei der Aneignung eines guten Ahlaqs die Hilfe unseres Schöpfers erbitten sollten.


1 Allahs Kundgebung Seiner Gebote und Verbote an die Propheten wird Wahiyy (Offenbarung) genannt.

2 (ra.) ist die Abkürzung für „Radiyallahu anh/anha/anhum“, was „Möge Allah mit ihm/ihr/ihnen zufrieden sein“ bedeutet.
3 Die Basmala (Eröffnungsformel) lautet „Bismillahirrahmanirrahim“, was „Im Namen des barmherzigen und gnädigen Allahs“ bedeutet. 

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