Der Ramadan ist der Monat der Hilfeleistung, des Zusammenhalts und der Geschwisterlichkeit

So wie der Ramadan die Spiritualität des Individuums stärkt, veranlasst er auch das Näherkommen der Menschen im gesellschaftlichen Sinne. Nicht nur, um ein guter Diener für Allah zu sein, sondern auch um ein guter Mensch, Nachbar, Freund und Verwandter zu sein, ist der Ramadan die gelegenste Zeit. Der Ramadan sollte als eine Möglichkeit gesehen werden, um den Alleinstehenden zur Seite zu stehen, den Waisen Zuneigung zu zeigen, den Hilfsbedürftigen eine Hand zu reichen, die Hungernden zu verstehen und die Trauernden zu erfreuen. Zumindest anlässlich des Ramadans können wir an die Türen derer zugehen, die wir sonst nicht aufsuchen und nach ihrem Zustand fragen, und die Hand derer halten, die in einer Ecke leise Hilfe abwarten. Mit Spenden (Sadaqah), der Sozialsteuer (Zakah) oder auch mit einem freundlichen Wort oder einem innigen Lächeln können wir uns ihnen nähern. Diesbezüglich sagte der Prophet: „Hütet euch vor der Hölle, und sei es mit nur einer halben Dattel (Spende). Wenn ihr auch dies nicht aufbringen könnt, so (hütet euch) mit einem schönen Wort.“ (Muslim, Zakah, 68)
In diesem Monat handelte der Prophet Muhammed noch großzügiger als sonst, bemühte sich darum, mehr Gutes und Hasanat1 zu vollbringen und sah die im Ramadan verrichtete Spende (Sadaqah) als erhabener an. (Tirmidhi, Zakah, 28) Er verkündete, dass die Sadaqah al-Fitr, welche in diesem Monat vergeben wird, die überlegenste aller Spenden ist (Tirmidhi, Zakah, 28) und erwünschte, dass diese Sadaqah unbedingt vor dem Ramadan-Fest vergeben wird. (Bukhari, Zakah, 70) Die Sadaqah al-Fitr ist eine Spende, die die Person für sich selbst und für ihre Kinder abgeben muss, und die den Dank an Allah für das Verschonen des eigenen Lebens und der Leben, die unter ihrer Obsorge stehen, zum Ausdruck bringt. Mit dem Beginn des Ramadan kann die Sadaqah al-Fitr vergeben werden, die Vergabe vor dem Ritualgebet zum Festtag wurde als Mustahab2 angesehen. Dass die Muslime, die bei Tag und Nacht Glaubenspraxen verrichten und mit dem Fasten ihre Körper reinigen, mit der Sozialsteuer und ihren Spenden ihren Besitz reinigen und insbesondere vor den Festtagen durch die Spende an Bedürftige ihren Dank für den Ramadan zum Ausdruck bringen, ist eine Reflexion der Überfülle dieses Monats. Obwohl für die Sozialsteuer/Zakah, deren Abgabe Fardh ist, keine bestimmte Zeit bestimmt wurde, machten die Muslime es zu einer Tradition, diese Abgabe im Ramadan an Bedürftige zu vergeben, und profitierten somit sowohl finanziell als auch spirituell von der Atmosphäre des Ramadan. 
Der Ramadan ist kein Monat, der allein untereinander und mit dem Fasten, dem Ritualgebet, der Reuebekundung, Dhikr3 und der Verrichtung anderer Glaubenspraxen verbracht wird. Es ist eine Zeit, in der die Großzügigkeit mit den Sozialsteuern, Spenden und aus Herzen kommenden Geschenken ihren Höhepunkt erreicht und in der mit materiellen und spirituellen Hilfeleistungen die Geschwisterlichkeit im Glauben erlebt wird. Der Ramadan ist erst dann ein segensreicher Ramadan, wenn er mit allen Glaubensgeschwistern zusammen verbracht wird und die Schönheiten miteinander geteilt werden. Lediglich unter diesen Umständen können wir seinen Frieden, seine Überfülle, die Gnade und die spirituelle Atmosphäre verspüren. Dann wird er zu einem heiligen Monat, in dem der Glaube, die Glaubenspraxen, die gute Moral, das Wissen, die Geschwisterlichkeit und die Hilfeleistung intensiv ausgelebt werden, der unsere Seelen nährt und uns regeneriert. 
Anlässlich dieses heiligen Monats, in dem die Vergessenen in Erinnerung gerufen und die Unterlassenen erfreut werden, kehren wir im Grunde in unser eigenes Inneres ein und stehen uns selbst gegenüber. Anstatt uns mit den Mängeln und Fehlern anderer zu beschäftigen, beseitigen wir unsere eigenen Mängel und erinnern uns an unseren eigenen inneren Kern. Wenn der Halbmond zum Vollmond vervollkommnet, vervollkommnen im Grunde wir selbst. 


1 Alle hilfreichen, nutzbringenden, guten und schönen Taten werden Hasanat genannt. 

2 Die Tat, bei deren Vollführung es Lohn/Sawab gibt, bei deren Auslassen es hingegen keine Sünde oder Missbilligung gibt, wird als Mustahab gewertet.
3 Unter Dhikr wird das Gedenken und Erwähnen Allahs verstanden, mit dem Ziel, Ihn nicht zu vergessen und sich vor der Entfernung vom Glauben zu schützen. 

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