Die Abänderung (Tahrif) der Thora

In verschiedenen Zeitepochen waren die Texte der offenbarten Bücher manchmal falschen Interpretationen und manchmal bewussten Veränderungen ausgesetzt. Auch die Thora war von verschiedenen Eingriffen ihrer Gläubigen betroffen. Wie der heilige Koran berichtet, interpretierten die Juden ihr Buch bewusst falsch. (al-Baqara, 2/75; an-Nisa, 4/46; al-Ma’ida, 5/13, 41) Mit diesen falschen Interpretationen oder Wortspielen gaben sie der Bedeutung ihrer Worte ganz andere Richtungen und veränderten die Bestimmungen, die ihrem Sinn und Wunsch nicht entsprachen.
Das heilige Buch der Juden gewann seine heutige Form vor ungefähr fünf Jahrhunderten vor dem Propheten Muhammed (saw.). In der Zeit des Propheten Muhammed brachten die Juden nochmals falsche Interpretationen von den abgewandelten Texten der Thora hervor. Bezüglich dieser falschen Deutungen werden im heiligen Koran verschiedene Beispiele genannt. Beispielsweise verdrehten die Juden das Wissen in ihrem Buch so, dass sie daran glaubten, sie wären für die Freveltaten, die sie gegenüber denen ausübten, die nicht an ihre Religion glaubten, nicht verantwortlich. Als eine Erweiterung dieser Überzeugung gab es eine Gruppe von ihnen, die die Araber, welche in ihrem heiligen Buch nicht genannt werden, verachteten. Folglich behaupteten sie, sie dürften ohne triftigen Grund deren Besitztum beschlagnahmen und würden hierfür keine Sünde einbüßen. Der heilige Koran lehnte diese Gesinnung ab und legte dar, dass dies nicht auf der Religion basiert. (Al-i Imran, 3/75-76) Eine weitere Glaubensvorstellung der Juden, die der heilige Koran missbilligt, ist die Behauptung, sie würden „nur gezählte Tage“ in der Hölle verbleiben. (al-Baqara, 2/80) Dass sie sagen „Wir sind Allahs Söhne und Seine Lieblinge.“ (al-Ma’ida, 5/18) ist ein anderes Beispiel für ihre Fehlinterpretationen. Mit diesen Worten sehen sie sich selbst als die Herrn der Welt an und glauben daran, dass ­Allah alle anderen Völker den Juden unterstellte. 
Bezüglich des Tahrif der Thora ist zu sagen, dass dieser - auch wenn nicht zu Zeiten des Propheten Muhammed - vor ihm abgewandelt wurde. Denn die Widersprüche zwischen dem heiligen Koran und der Thora entkräften die Ansicht, der Originaltext wäre erhalten geblieben und der Tahrif bestünde nur hinsichtlich der Interpretationen. Westliche Studien über die Bibel brachten zutage, dass die heutige Thora nicht authentisch und original ist, sondern im Laufe der Zeit von verschiedenen Personen verfasst wurde. (Adam, Baki, „Tevrat“, DIA, XLI, 40-45)
Andererseits ist es auch nicht richtig zu behaupten, die ganze Thora wäre abgewandelt worden. Denn der heilige Koran beschreibt sich selbst als „der Beglaubiger“ der vorherigen Bücher. (Al-i Imran, 3/3; al-Ma’ida, 5/48; al-Fatir, 35/31) Zudem sagte der Prophet Muhammed (saw.): „Stimmt den Ahl al-Kitab1 (Juden) nicht zu aber leugnet sie auch nicht. Sprecht (nur) Folgendes: Wir glauben sowohl an das, was uns hinabgesandt wurde, als auch an das, was euch hinabgesandt wurde.“ (Bukhari, I’tisam, 25) Auch der Aussage des Propheten ist zu entnehmen, dass nicht die Gesamtheit dieser Bücher abgewandelt wurde. So ist beispielsweise zu erkennen, dass die heutige Thora manche Bestimmungen der rechtmäßigen Religion beinhaltet. Diese sind Tugenden wie der Glaube an die Existenz und Einheit Allahs, Tawakkul2, Danksagung an Allah (Schukur), die Furcht vor Allah, die Liebe zu Allah, die Gerechtigkeit, Geduld und Barmherzigkeit sowie die Ablehnung der Unterdrückung. Manche Passagen aus der Thora, die in diesen Rahmen fallen, sind folgende: 
„Du sollst kein Unrecht tun im Gericht… Du sollst den Starken nicht begünstigen und deinen Nächsten gerecht richten. Du sollst nicht als Verleumder umhergehen in deiner Sippe. Du sollst nicht gegen das Leben deines Nächsten auftreten. Ich bin der Herr. Du sollst deinen Bruder nicht von Herzen hassen… Du sollst an den Angehörigen deines Volks keine Rache üben und ihnen nichts nachtragen, sondern du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Ich bin der Herr.“ (Leviticus, 19:15-17)
„Oh Mensch, es ist dir gesagt, was gut ist und was der Herr von dir fordert: nichts als das Rechte zu tun, die Güte zu lieben und demütig vor deinem Gott zu sein.“ (Micha, 6:8)
„Du sollst nicht töten. Du sollst nicht ehebrechen. Du sollst nicht stehlen. Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten. Du sollst nicht das Haus deines Nächsten begehren…“ (2. Mose, 20:13-17)
Mit der Ankunft des heiligen Korans wurde das Urteil der Thora, welche weitgehend abgewandelt wurde, aufgehoben. Auch wenn dieses Buch unverfälschte Kapitel beinhaltet, ist es nicht möglich festzustellen, welche der Passagen original sind und welche nicht. Wiederum wurden die festgelegten Urteile bezüglich des Itiqad3 der Religion Allahs und alle anderen nötigen Informationen im heiligen Koran aufgezeigt. Als das letzte offenbarte Buch ist der heilige Koran fern von jeglichem Eingriff und jeglicher Abänderung seitens der Menschen. Aus diesem Grund ist der heilige Koran das einzige Maß, mit welchem bestimmt werden kann, wieviel der vorherigen offenbarten Bücher - allen voran der Thora - und welche Passagen genau abgewandelt wurden. Lediglich der Inhalt der Thora, welcher vom heiligen Koran und den Sahih Ahadithen bestätigt wird, kann als wahr akzeptiert werden. Aus diesem Grund muss, um eine Entscheidung bezüglich der Korrektheit der Thora und der anderen Bücher treffen zu können, festgestellt werden, ob diese der Botschaft und dem Inhalt des heiligen Korans entsprechen. 


1 Als Ahl al-Kitab werden diejenigen bezeichnet, die an die Bücher, die Allah Seinen Propheten sandte, glauben. Im heiligen Koran wird diese Bezeichnung meistens für Juden und Christen verwendet.

2 Tawakkul bedeutet, in jeglicher Angelegenheit sein Möglichstes zu tun und den Rest dann Allah zu überlassen.
3 Itiqad bedeutet Glaubenslehre. 

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