Die rituelle Gebetswaschung (Wudhu)
Mit dem Hadith „Wenn eine Person die rituelle Gebetswaschung vornimmt und sich darum bemüht, sie ordentlich vorzunehmen, und anschließend das Ritualgebet verrichtet, so wird das, was sie zwischen dieser Gebetswaschung und dem Ritualgebet beging (die kleinen Sünden) auf jeden Fall verziehen, bis sie ihr Ritualgebet verrichtet hat.“ (Bukhari, Wudhu, 24; Muslim, Taharah, 5) betonte der Gesandte Allahs die Wichtigkeit der rituellen Gebetswaschung. Dass die rituelle Gebetswaschung eine Voraussetzung für das Ritualgebet ist, verkündet er kurz gefasst mit der Aussage „Allah nimmt das Ritualgebet, das ohne eine rituelle Gebetswaschung verrichtet wird, nicht an.“ (Bukhari, Wudhu, 2; Nasa’i, Zakah, 48) Bezüglich dieser Bedingung des Ritualgebets führt Allah in der Surah al-Ma’ida Folgendes an: „Oh die ihr glaubt! Wenn ihr euch zum Ritualgebet aufstellt, dann wascht euch das Gesicht und die Hände bis zu den Ellbogen und streicht euch mit den (nassen) Händen über den Kopf und (wascht euch) die Füße bis zu den Knöcheln. Und wenn ihr im Zustand der rituellen Unreinheit (Dschanabah) seid, dann reinigt euch. Und wenn ihr krank seid oder auf einer Reise oder jemand von euch vom Abort kommt oder ihr Frauen berührt habt und dann kein Wasser findet, so wendet euch dem sauberen Erdboden zu und streicht euch damit über das Gesicht und die Hände. Allah will euch keine Bedrängnis auferlegen, sondern Er will euch reinigen und Seine Gunst an euch vollenden, auf dass ihr dankbar sein möget.“ (al-Ma’ida, 5/6; an-Nisa, 4/43)
Der Begriff „Wudhu“ beschreibt eine huqmi (rituelle) und materielle Reinigungsart, die „bestimmte Körperteile ordnungsgemäß mit Wasser zu waschen und manche dieser wiederum mit der feuchten Hand zu überstreichen (Mash1)“ (Kommission, Ilmihal, TDV, I, 195) bedeutet. Es ist keine Ibadah/Glaubenspraxis für sich, sondern eher eine vorläufige Phase, die den Menschen vor den Glaubenspraxen wie dem Ritualgebet, der Umrundung der Kaaba (Tawaf) und der Niederwerfung der Verlesung (Sadschdah al-Tilawah2) eine materielle Reinigung bietet und ihn spirituell auf die Ibadah vorbereitet. Gemäß der Aussage des Gesandten Allahs (saw.) ist sie der Schlüssel des Ritualgebets. (Abu Dawud, Taharah, 31)
Die rituelle Gebetswaschung hat vier Fara’id. Diese sind 1) Das Gesicht zu waschen, 2) Die Arme mitsamt der Ellenbogen zu waschen, 3) Ein Viertel des Kopfes mit der feuchten Hand zu überstreichen, 4) Die Füße einschließlich der Ferse zu waschen. Der Gesandte Allahs (saw.) erzählt über diese vier Fara’id, wie die rituelle Gebetswaschung die Sünden aufhebt: „Nimmt ein Muslim die rituelle Gebetswaschung vor und wäscht sich das Gesicht, so löst sich jede (kleine) Sünde, die er mit seinen Augen sah, mit dem Wasser - oder dem letzten Tropfen des Wassers - von seinem Gesicht und verschwindet. Wenn er seine Hände wäscht, so löst sich jede (kleine) Sünde, die er mit seinen Händen beging, mit dem Wasser - oder dem letzten Tropfen des Wassers - von seinen Händen und verschwindet. Wenn er seine Füße wäscht, so löst sich jede (kleine) Sünde, die er mit dem Laufen seiner Füße beging, mit dem Wasser - oder dem letzten Tropfen des Wassers - und verschwindet. Letztendlich wird dieser Diener Allahs von seinen Sünden bereinigt.“ (Muslim, Taharah, 32; Tirmidhi, Taharah, 1)
Um die rituelle Gebetswaschung der Sunnah3 und dem Adab4 entsprechend zu vollführen, gibt es neben den Fara’id weitere Handlungen, die vollbracht werden müssen. Der Prophet Muhammed sprach „Die Erleuchtung und Helligkeit (Nur) des Mumin reicht bis dorthin, wohin das Wasser der rituellen Gebetswaschung reichte.“ (Muslim, Taharah, 40) und regt dazu auf, die rituelle Gebetswaschung auf die beste Weise vorzunehmen. Hierfür stellen wir uns zunächst so mit dem Gesicht Richtung Qibla, dass kein Wasser auf uns spritzen kann. Nachdem wir durch das Sprechen der Worte „Ich bekunde meine Absicht, für das Wohlgefallen Allahs die rituelle Gebetswaschung vorzunehmen.“ unsere Absicht bekundet haben, sagen wir die Basmala5 auf. Dann waschen wir dreimal die Hände, einschließlich der Fingerzwischenräume, bis zu den Handgelenken. Falls wir Schmutz und Schmutzreste an den Händen haben, werden diese durch Waschen und gründliches Reiben beseitigt. Nach dem Reinigen der Zähne geben wir mit der rechten Hand dreimal Wasser in den Mund und spülen diesen aus. Auf die gleiche Weise ziehen wir mit der rechten Hand dreimal Wasser in die Nase und reinigen sie mit der linken Hand. Anschließend waschen wir uns das Gesicht dreimal. Dabei waschen wir unser Gesicht komplett vom Haaransatz der Stirn bis unter das Kinn und bis zu den Ohrläppchen. Falls wir einen Bart haben, so wird auch dieser mithilfe der Finger gründlich mit Wasser eingerieben. (Tirmidhi, Taharah, 29; Ibn Madscha, Taharah, 50) Nach dem Gesicht waschen wir zunächst unseren rechten, dann den linken Arm bis zu den Ellenbogen dreimal. Danach benässen wir unsere Hand und streichen mit der feuchten Hand (Mash) über ein Viertel des Kopfes. Wenn es unserer Gesundheit nicht schaden sollte, so streichen wir mit beiden Händen feucht über den ganzen Kopf. Anschließend streichen wir mit den Daumen der feuchten Hände über die Außenseite der Ohren, mit dem Zeigefinger und dem kleinen Finger über die Innenseite und mit der Rückenseite der Finger über den Nacken. Als letztes waschen wir erst unseren rechten, dann unseren linken Fuß gründlich, angefangen von den Zehenspitzen über die Ferse bis zu den Fußknöcheln.
Nach der rituellen Gebetswaschung sprechen wir „Aschhadu an la ilaha illaʾllahu wahdahu la scharika lahu wa aschhadu anna Muhammadan abduhu wa rasuluhu.“ (Ich bezeuge, dass es keinen Gott außer Allah gibt, Der Ein ist und keinen Teilhaber hat, und ich bezeuge, dass Muhammed der Diener und Gesandte Allahs ist.) Mit diesen schönen Worten des Tawhids6 und des Gebets vollführen wir eine Wohltat (Salih Amal), welche uns in das Paradies führen wird.
Die Ausscheidung von Urin, Exkrement und Flatulenz, das Verlaufen von Blut, das aus dem Körper tritt, der Eiter, der aus dem Körper austritt, und das mundvolle Erbrechen gehören zu den hauptsächlichen Dingen, die die rituelle Gebetswaschung ungültig machen.
1 Mash bedeutet, bei der rituellen Gebetswaschung (Wudhu) den Kopf, den Nacken und die Ohren mit der feuchten Hand und bei der rituellen Trockenreinigung (Tayammum) das Gesicht und die Arme mit der Hand, die über die Erde gestrichen wird, zu überstreichen.
2 Im heiligen Koran gibt es viertzehn Verse, die eine Sadschdah/Niederwerfung erfordern. Jeder Mukallaf/Verpflichtete, der eine dieser Koranverse rezitiert oder hört, muss die Sadschdah al-Tilawah verrichten.
3 Sunnah beinhaltet alle Tätigkeiten, die weder als Fardh noch als Wadschib eingestuft werden, jedoch trotzdem erwartet werden und die durch den Propheten Muhammed (saw.) selbst aufgezeigt und empfohlen wurden.
4 Als ein Begriff des Fiqh (islamisches Recht) beschreibt Adab die unregelmäßig vollzogenen Handlungen des Propheten (saw.). Islamrechtlich wird einer Person bei der Verrichtung dieser Handlungen Allahs Lohn zuteil, jedoch ist die Auslassung der Adab keine Sünde. In dieser Hinsicht ist Adab ein Synonym der Begriffe Nafila und Mustahab.
5 Die Basmala (Eröffnungsformel) lautet „Bismillahirrahmanirrahim“ und bedeutet „Im Namen des barmherzigen und gnädigen Allahs“.
6 Tawhid bedeutet, an die Einheit Allahs zu glauben.
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