Die Ränge der Propheten

Auch wenn in Bezug auf den Glauben an die Propheten alle Propheten gleichgestellt sind, kann hinsichtlich ihrer Begabungen und den ihnen gegebenen Vorzügen von einem Unterschied zwischen den Propheten gesprochen werden. Denn im heiligen Koran wird verkündet: „Dies sind die Gesandten; einige von ihnen haben Wir vor anderen bevorzugt. Unter ihnen gibt es manche, zu denen Allah gesprochen hat, und einige, die Er um Rangstufen erhöht hat…“ (al-Baqara, 2/253) Alle von Allah entsandten Nabi und Rasul sind in Hinsicht auf ihr Prophetentum gleich. Die im Vers erwähnte Überlegenheit ist keine Überlegenheit, die eine Unterscheidung zwischen den Propheten bedingt, sondern bringt die Überlegenheit der Einzelnen bei Allah zum Ausdruck. 
Die Propheten unterscheiden sich in der Form, wie sie die Offenbarung erhielten, in der Dauer ihres Prophetentums und in der Regionalität beziehungsweise Universalität ihrer Mission. Wiederum treten manche Propheten mit bestimmten Moraleigenschaften mehr in den Vordergrund als andere, manchen Propheten wurde ein Buch und einem anderen Teil wurden Suhuf1 gegeben, manche sprachen unmittelbar mit Allah, während andere mittels Dschabrail und den anderen Offenbarungswegen Adressat der Offenbarung (Wahiyy) wurden, manche Propheten wurden für ein bestimmtes Volk und manch andere für die gesamte Menschheit gesandt. (Şevki, Yavuz Yusuf, „Peygamber“, DIA, 261)
Die vorzüglichsten der Propheten sind die Propheten, die „Ulu al-Azm“ genannt werden, was so viel wie „Besitzer der Strebsamkeit und Entschlossenheit“ bedeutet. Im heiligen Koran wird „(Oh Muhammed) Sei nun standhaft, wie die Ulu al-Azm standhaft waren…“ (al-Ahqaf, 46/35) besagt. Diese Propheten sind der Prophet Nuh (Noah), der Prophet Ibrahim (Abraham), der Prophet Musa (Moses), der Prophet Isa (Jesus) und der Prophet Muhammed. Die „Ulu al-Azm“ Propheten wurden mit diesem Titel beschrieben, da ihnen eine eigene, neue Scharia2 gegeben wurde und sie, während sie ihre Scharia kundgaben, im Vergleich zu den anderen Propheten größeren Unannehmlichkeiten ausgesetzt waren und gegenüber diesen Unannehmlichkeiten entschlossen und strebsam ihren Pflichten nachgingen. 
Der Prophet Muhammed, der sich alle Propheten zum Vorbild nahm, an die gesamte Menschheit gesandt wurde, der letzte Prophet ist und dessen Prophetentum bis zum Ende der Welt (Qiyamah) andauern wird, ist der erhabenste der Propheten. Auch ist er der erhabenste der Propheten, da der ihm gesandte Koran im Original vorliegt, die Religion, die er verkündete, von universeller Beschaffenheit ist, bis zur Qiyamah fortbestehen wird und die letzte Religion ist, und da es Gläubige von allen Völkern gibt. Er ist der Erhabenste und Vorzüglichste unter den Geschöpfen, den Vergangenen und den Zukünftigen, der am meisten geliebte Diener Allahs. In einem Vers wird „Ihr seid die beste Gemeinschaft, die für die Menschen hervorgebracht worden ist…“ (Al-i Imran, 3/110) verkündet. Dass eine Gemeinschaft (Ummah) die beste und vorzüglichste ist, bedingt auch, dass der Prophet, dem diese Gemeinschaft folgt, das erhabenste Wesen ist. (Kılavuz, Ahmet Saim, Anahatlarıyla Islam Akaidi ve Kelam’a Giriş, S. 252)
In manchen Ahadithen gab der Prophet Muhammed die Aspekte kund, in denen Allah ihn erhabener als die anderen Propheten machte (Bukhari, Salah, 56) und besagte, dass sich am Jüngsten Tag alle Propheten unter seinem Banner versammeln werden, jedoch dies kein Grund zum Eigenlob sei. (Ibn Hanbal, I, 281) Der Prophet Muhammed verbot es auch, über die Überlegenheit der Propheten zu streiten. Als der Prophet erfuhr, dass ein Mann aus den Ansar3 mit einem Juden darüber stritt, welcher ihrer Propheten überlegen wäre, erzürnte er so sehr darüber, dass sich dies in seinem Gesicht erkennbar machte, woraufhin er sagte: „Bevorzugt nicht einen der Propheten Allahs vor den anderen…“ (Bukhari, Anbiya, 35) Zudem wünschte er in anderen Ahadithen, dass nicht geäußert wird, er sei vorzüglicher als der Prophet Yunus (as.)4 und dass er nicht dem Propheten Musa/Moses (as.) bevorzugt wird. In diesen Ahadithen zeigte der Prophet eine Herangehensweise auf, mit der verhindert werden sollte, dass Menschen, die an verschiedene Propheten glauben, in einen Wettstreit geraten und dass die Führerposition der Propheten gefährdet wurde. 


1 Als Suhuf (Pluralform von Sahifa) werden göttliche Texte bezeichnet, die den vorherigen Propheten von Allah gesandt wurden.

2 Als Scharia wird die Gesamtheit aller religiösen, moralischen und rechtlichen Bestimmungen bezeichnet.
3 Als Ansar werden die medinensischen Muslime bezeichnet, die dem Propheten und den Muhadschirun (muslimischen Auswanderern aus Mekka) nach ihrer Ankunft in Medina halfen.
4 (as.) ist die Abkürzung für „Alayhissalam“ mit der Bedeutung „Gegrüßt sei er“.

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