Die Steinigung des Teufels, das Verrichten einer Opferung und das Kürzen der Haare
Der Ort Mina befindet sich zwischen Muzdalifah und Mekka innerhalb der Harem-Grenzen. Vom 10. bis zum 13. Tag des Monats Dhu’l-Hiddscha, also an den Tagen des Opferfests (Eid ul-Adha), wird hier die Steinigung des Teufels und die Opferung (Qurban) vollzogen. Obwohl es eine Sunnah ist, an den Tagen der Steinigung des Teufels die Nächte in Mina zu verbringen, ist dies aufgrund der heutigen Menschenmenge nicht immer möglich.
Der Ort in Mina, an dem der Teufel gesteinigt wird, wird Dschamarat genannt. Am ersten Tag des Opferfestes wird die Dschamra al-Aqaba (der große Fels/der große Teufel) in Mina mit sieben Steinen beworfen. Mit dem Wurf des ersten Steines wird keine Talbiyah mehr ausgerufen. Diejenigen, die das Hadsch al-Ifrad beabsichtigten, treten nach der Steinigung des Teufels aus dem Ihram aus, während diejenigen, die das Hadsch at-Tamattu oder das Hadsch al-Qiran beabsichtigten, erst nach der Opferung ihres Qurbans/Opfertieres aus dem Ihram austreten. Die Beendigung des Weihezustands wird mit der Rasur oder dem Kürzen der Haare vollzogen. Somit werden alle Ihram-Verbote bis auf das Verbot des Geschlechtsverkehrs aufgehoben (erstes Tahallul). Mit der Vollziehung des Tawaf az-Ziyarah (dem Fardh-Tawaf nach der Arafat-Waqfa) endet auch dieses Verbot (zweites Tahallul).
Am zweiten und dritten Festtag werden ab der Gebetszeit des Salah al-Zuhr (Ritualgebet am Vormittag) der Reihe nach der kleine (Dschamra al-Sura), der mittlere (Dschamra al-Wusta) und der große (Dschamra al-Aqaba) Teufel mit jeweils sieben Steinen symbolisch gesteinigt. Diejenigen, die den vierten Festtag nicht in Mina verbringen werden, sind nicht dazu verpflichtet, die Steine dieses Tages zu werfen.
Mina bedeutet maßloses Verlangen, Begierde. Der Prophet Ibrahim (as.) und seine Familie wurden hier einer großen Probe unterzogen. Als dem Propheten Ibrahim befohlen wurde, seinen Sohn zu opfern, versuchte der Teufel zu verhindern, dass er diesen Befehl befolgte. Daraufhin steinigten der Prophet Ibrahim, Hadschar und Ismail ihn. Auf diese Weise bewiesen sie Allah, welch große Liebe und Treue sie für Ihn in ihren Herzen trugen. Die „Steinigung des Teufels“ symbolisiert eben dieses Geschehnis.
Der Pilger bemüht sich darum, mit der Lehre, die er aus der Probe, der die Familie des Propheten Ibrahim (as.) unterzogen wurde, zieht, seine eigenen Prüfungen zu meistern. Er geht über jegliche irdische Liebe, wie der Liebe zum Partner, zum Kind, zu den Eltern, dem Besitz und Vermögen, der Position, der Stellung, dem Ruhm und Ruf hinaus und öffnet sein Herz für die Liebe und Nähe zu Allah.
Der Pilger spricht „Bismillahi Allahu Akbar. Raghman li’sch-Schaydani wa hizbih (Im Namen Allahs, Allah ist der Größte. Den Teufel und seine Gefolgschaft beabsichtigend werfe ich Steine.)“ und wirft seine erbsengroßen Steine auf die Dschamarat. Er wird sich darüber bewusst, dass jeder Stein, der auf die Dschamarat geworfen wird, ein Symbol ist und dass er in Wahrheit die Begierden und Gelüste seiner Triebseele steinigen muss. Er versucht, seine gewissen Seiten, die ihn an der Hingabe zu Allah hindern, und all seine Wünsche und Begierden, die ihn von seinem Herrn entfernen, zu steinigen. Er kämpft gegen Gefühle wie Hochmut, Arroganz, Gehässigkeit, Hass, Lüsternheit und Gier, die das Herz einnehmen, und gegen jegliches Übel. Um im Kampf gegen den Teufel und seine Triebseele zu siegen, wendet er sich mit dem Gebet (Dua) an seinen Schöpfer. Er sucht seine Zuflucht vor radschim, also dem gesteinigten Teufel, bei Allah, dem Barmherzigen (ar-Rahim).
Die Person, die das Hadsch at-Tamattu oder das Hadsch al-Qiran beabsichtigte, opfert als Danksagung dafür, die Umrah und das Hadsch zusammen vollzogen zu haben, ein Qurban (ein Opfertier). Dieses Qurban, welches „Hady“ genannt wird, ist zugleich der Ausdruck der Gebundenheit zu Allah und der Entbehrung des Besitzes für Allah. Im heiligen Koran wird verkündet, dass die Opferungen, die während des Hadsch gemacht werden, „Kultzeichen Allahs“ sind. Durch die Verkündung „Weder ihr Fleisch noch ihr Blut werden Allah erreichen, aber Ihn erreicht die Gottesfurcht (Taqwa) von euch.“ (al-Hadsch, 22/36-37) wird die Wahrheit, die die Opferung symbolisiert in den Vordergrund gerückt: Das Bewusstsein der Gottesfurcht zu erlangen.
Nach der Opferung werden die Haare entweder rasiert oder gekürzt. Die Rasur symbolisiert die Aufopferung eines Teils der eigenen Existenz und die bereitwillige Hingabe auf dem Wege Allahs. Jedes fallende Haar stellt regelrecht die fallenden Sünden des Pilgers dar.
Der Pilger, der die Arafat- und Muzdalifah-Waqfa vollzogen, in Mina den Teufel gesteinigt, sein Hady geopfert und sich von seinen Sünden geläutert hat, kehrt mit der Freude, den schweren Kampf gegen seine Triebseele gewonnen zu haben, zur Kaaba zurück, um dort den Tawaf az-Ziyarah (Besuchs-Tawaf), welcher Fardh ist, zu vollführen. Dieser Tawaf ist das Siegel der Pilgerfahrt. Nach vielen Ibadah und Aufgaben, die mit Iman (Glaube), Liebe, Hingabe, Ergebenheit, Geduld und Treue vollzogen wurden, wird die Pilgerfahrt mit dem Tawaf az-Ziyarah beendet. Indem am Opferfest das Baytullah besucht wird, wird dem Besitzer dieses Hauses die Ihm gebührende Zuneigung und der Respekt erwiesen. Falls nicht zuvor verrichtet, wird nach dem Tawaf das Sa’y verrichtet. Zudem betet der Pilger dafür, dass das Hadsch maqbul (von Allah angenommen, gültig) wird.
Mit dem Wunsch, einer derjenigen zu sein, denen im Hadith „Wer für Allah das Hadsch verrichtet, sich von üblen Worten und Taten (die Allahs Willen widersprechen) sowie von der Auflehnung gegenüber Allah hüten, wird (vom Hadsch) wie am Tage seiner Geburt (gereinigt von seinen Sünden) zurückkehren.“ (Bukhari, Hadsch, 4) des Propheten eine frohe Botschaft verkündet wird, verabschiedet sich der Pilger von der Kaaba in der Hoffnung, sie bald wiederzusehen.
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