Höre gut zu, verstehe richtig!
Als der Gesandte Allahs (saw.) zu Aischa (ra.) „Ich merke, wann du zufrieden mit mir bist und wann du dich über mich ärgerst.“ sagte, fragte Aischa, wie er dies merke. Der Prophet antwortete wie folgt: „Wenn du mit mir zufrieden bist, sagst du ‚Nein, um Muhammeds Herrn Willen, das geht nicht.‘ Wenn du dich aber über mich ärgerst, sagst du ‚Nein, um Ibrahims Herrn Willen, das geht nicht.‘“ Daraufhin sagte Aischa: „Das stimmt. Doch oh Gesandter, bei Allah ich könnte lediglich deinem Namen fernbleiben.“ (Bukhari, Nikah, 109)
Dass der Gesandte Allahs bei seiner Kommunikation mit Aischa merkt, wann seine Ehefrau verärgert und wann sie zufrieden ist, ist ein wichtiges Beispiel, da es aufzeigt, dass eine der Grundprinzipien für die gesunde Kommunikation und das harmonische Zusammenleben das Zuhören ist. Die Familienbeziehungen, welche die engste Beziehungsform darstellen, werden meistens aufgrund von Achtlosigkeit und Oberflächlichkeit beim Zuhören und richtigem Verstehen beschädigt.
Das gute Zuhören ist die erste Regel für das richtige Verstehen. Um zu verstehen, was das Gegenüber sagt, sollte der Person durch Fragen die Möglichkeit gegeben werden, unverstandene Angelegenheiten zu verdeutlichen. Außerdem sollte der Person ohne zu urteilen und zu kritisieren aktiv zugehört werden. In innerfamiliären Dialogen wird meistens nicht versucht, das Gesprochene einer Person zu verstehen, sondern direkt an eine Antwort gedacht. Dabei werden in einem Gespräch, das ohne das richtige Zuhören stattfindet, ganz bestimmt Probleme aufkommen. Beim richtigen Zuhören ist es auch wichtig, die Husn al-Dhan1 Regel einzuhalten.
Die Regel des Husn al-Dhan bedeutet, in den Familienbeziehungen niemanden mit Su al-Dhan2 zu beurteilen. Im heiligen Koran verkündet Allah: „Oh die ihr glaubt! Meidet viel von den Mutmaßungen; gewiss, manche Mutmaßung ist Sünde. Und sucht nicht (andere) auszukundschaften und führt nicht üble Nachrede übereinander. Möchte denn einer von euch gern das Fleisch seines Bruders, wenn er tot sei, essen? Es wäre euch doch zuwider. Fürchtet Allah. Gewiss, Allah ist Reue-Annehmend und Barmherzig.“
(al-Hudschurat, 49/12) Denn die negative und schlechte Mutmaßung verhindert, dass die Person ihr Gegenüber hört, ihm zuhört, ihn richtig versteht und eine gute Kommunikation stattfindet. Aus diesem Grund sollten wir uns auf die positive Bedeutung, die eine Aussage beinhalten könnte, fokussieren und nicht versuchen, vorurteilig zu handeln und andere Bedeutungen aus den Aussagen zu schlussfolgern.
In Familienbeziehungen kommt der Husn al-Dhan oft abhanden, sodass die Handlung oder die Aussage des Gegenübers falsch interpretiert und nicht richtig verstanden wird. Dabei ist die positive Interpretation einer Aussage oder einer Handlung für das Individuum stets vorteilhaft.
Bei der gesunden Kommunikation ist eine weitere wichtige Angelegenheit - neben dem guten Wort und dem richtigen Verstehen - der „Win-Win“ Ansatz, der für beide Seiten einen Vorteil bietet. Wenn die Person und ihr Gegenüber keinen Kompromiss finden, so wird die Kommunikation unumgänglich gestört sein. Aus diesem Grund sollten sich Ehepartner nicht darauf fokussieren, dass ihr Wort oder ihr eigener Wille durchgesetzt wird. Die Person, die meint, durch Druck, Streit und Ähnliches ihr Wort durchgesetzt zu haben, ist der wahre Verlierer in dieser Kommunikation, da ihr Ehepartner weder eingewilligt noch zugestimmt hat. Denn dass die Person, obwohl sie dagegen ist, einer Angelegenheit lediglich für ihren Partner einwilligt, wird auf lange Sicht zu Problemen führen. Aus diesem Grund sollten sowohl die Frau als auch der Mann die Anliegen, Wünsche und Ideen ihrer Ehepartner respektieren und entgegenkommend sein, um einen Kompromiss zu finden. Im Grunde ist die Familie ein Institut, in dem alle Familienmitglieder verlieren, wenn einer von ihnen verliert. Folglich sollte eine Person, die einem Anliegen oder einem Wunsch nachgeht, dem die anderen Familienmitglieder nicht zustimmen, nicht vergessen, dass dadurch der Friede und die Zufriedenheit, eine gemeinsame Entscheidung getroffen zu haben, verloren gehen. Andererseits wird es den Ehepartnern und der Familie auch schaden, in Konflikten die Macht des Wortes nutzend das Gegenüber zum Stillschweigen zu bringen oder danach zu streben, im Recht zu sein. Was zählt, ist nicht, dass einer der Eheleute gewinnt oder recht hat, sondern der Fortbestand des familiären Friedens und Wohlbefindens. Innerfamiliäre Probleme sind dynamisch, sie können sich ständig ändern. Für die Überwältigung dieser Probleme muss auch die Kommunikation in der Familie dynamisch und tragkräftig sein. Um die Kommunikation in der Familie zu stärken, dürfen vergangene Probleme nicht an den Tag gelegt werden; stattdessen sollte mit Zuversicht in die Zukunft geblickt werden. Auch sollte darauf geachtet werden, das Kommunikationsumfeld zu verbessern und mit Familienmitgliedern mehr Zeit zu verbringen. Nicht zu vergessen ist, dass es schwieriger als die Familiengründung ist, eine Familie zu sein und zu bleiben.
Eine Familie zu sein ist mit den Grundlagen, die auf all diesen Anregungen und Handhabungen basieren, möglich. Aus diesem Grund sollten wir prinzipientreu sein und dementsprechend handeln.
1 Husn al-Dhan bedeutet „guter Wille, über eine Person wohlmeinend zu denken, gute Mutmaßung“.
2 Su al-Dhan bedeutet „Vorurteil, über eine Person böswillig zu denken, schlechte Mutmaßung“.
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