Was bedeutet Iman (Glaube)?

Wenn der Mensch zur Welt kommt, versucht er zunächst, die ihn umgebende Existenz mit seinen Sinnesorganen wahrzunehmen. Diese Organe sind das Fenster, welches sich zur materiellen Welt öffnet, die den Menschen umfasst. Auf diese Weise kann der Mensch sehen, hören, fühlen und verstehen.
Folgender Koranvers bringt diese Tatsache dar: „Und Allah hat euch aus den Leibern eurer Mütter hervorgebracht, während ihr nichts wusstet. Und Er hat euch Gehör, Augenlicht und Herzen gegeben, auf dass ihr dankbar sein möget.“ (an-Nahl, 16/78)
Das Erste, dessen sich der Mensch bewusstwird und über das er Wissen erlangt, ist sein physisches Umfeld. Jedoch bleibt sein Wissen nicht nur mit diesem begrenzt. Je weiter seine körperliche Entwicklung voranschreitet, desto weiter reifen auch seine sinnlichen und intellektuellen Begabungen aus. Mit der Zeit weist er eine mentale Entwicklung auf. Ausgehend von den wahrnehmbaren Dingen schreitet er in andere Existenzbereiche über. Letztendlich gedenkt er einer Existenz, die abseits der erfassbaren Welt existiert und im Besitz wahrer Kraft und Macht (Qudrah) ist.
Der Mensch denkt über sein eigenes Sein nach und versucht die Existenz zu verstehen. Er interessiert sich für seine Vergangenheit, träumt von seiner Zukunft und versucht, den Sinn des Lebens ausfindig zu machen. Ohnehin gibt es kein anderes Lebewesen, das über eine solche Begabung verfügt.
Der Mensch versteht, dass er nicht mit eigenem Willen auf die Welt kam. So wird er auch nicht mit eigenem Willen von dieser Welt gehen. Sein Leben kann an einem unbekannten Ort in einer unbekannten Zeit zu Ende gehen. Er wird sich von diesem Leben, das er allzu sehr liebt, trennen müssen. Er wird sich dessen bewusst, dass etliche Angelegenheiten wie diese außerhalb seiner Willenskraft geschehen. Beispielsweise hat er weder seine Mutter noch seinen Vater selbst bestimmt. Auch konnte er sich sein Geschlecht nicht aussuchen. So entschied er auch nicht über seine Gesichtsform, Haarfarbe oder Augenfarbe. Wenn dem so ist, wer ist dann der Besitzer dieser gloriosen Macht, der über sein Leben waltet?
Der Mensch versucht, alle Geschöpfe der Natur, egal ob lebendig oder leblos, klein oder groß, schön oder hässlich, zu verstehen. Die Erde, der Himmel, die Meere und die Flüsse sind voll mit unzähligen Arten von sichtbaren und unsichtbaren Lebewesen. Die Berge, Ebenen und Savannen sind mit tausenden unterschiedlichen Pflanzen-, Baum- und Blumenarten geschmückt. Nun, wer ist der Besitzer all dieser?
Hunderte von Völker verschiedener Abstammung, Hautfarbe, Sprache und Aussehen haben sich auf der Welt ausgebreitet. Wichtiger noch, es befinden sich Millionen von Menschen auf der Welt, deren Gesichter und Persönlichkeiten ganz unterschiedlich sind. Keiner von ihnen gleicht einem anderen. Wenn der Mensch sich dieser Vielfalt der Schöpfung bewusstwird, nimmt auch sein Erstaunen zu. Er verspürt Neugierde für die einzigartige schöpfende Macht, die hinter all dem steckt.
Wenn der Mensch alles, was um ihn herum geschieht, achtsam betrachtet, bemerkt er, dass die Natur ganz und gar nicht bewegungslos ist. Sowohl im Reich der Tiere als auch im Reich der Pflanzen wird er Zeuge dessen, wie hervorragende Bildungen stattfinden. Nun, von wem bekommen all diese Lebewesen, angefangen von den Insekten bis zu den Spinnen, von den Vögeln bis zu den Fischen, ihre Funktionspläne? Sollten die perfektionierten Werke, die sie vollbringen, als der eigene Erfolg dieser kraftlosen Wesen erachtet werden? Oder ist es eine Existenz im Besitz einzigartigen Wissens und beispielloser Macht, die alles verwaltet?
Die Antwort des heiligen Korans, dem Lebensbuch aller Gläubigen, auf diese Fragen ist folgende: 
„Allah ist es, Der die Körner und die Kerne spaltet und das Lebendige aus dem Toten hervorbringt…Er, Der den Morgen anbrechen lässt, Der die Nacht zur Ruhe(zeit) und die Sonne und den Mond als (Mittel der) Berechnung gemacht hat…Und Er ist es, Der euch die Sterne gemacht hat, damit ihr euch durch sie rechtleiten lasst in den Finsternissen des Festlandes und des Meeres…Und Er ist es, Der euch aus einem einzigen Wesen hat entstehen lassen…Und Er ist es, Der vom Himmel Wasser herabkommen lässt…“ (al-An’am, 6/95-99)
Die Welt ist geradezu wie eine Gebärmutter. Eine Gebärmutter umschließt die befruchtete Zelle, befriedigt all ihre Bedürfnisse, versorgt sie und lässt sie wachsen. Auf dieselbe Weise nimmt auch die Erde alle Lebewesen auf und stillt ihre Bedürfnisse.
Die Erde ist für den Menschen nahezu eine gedeckte Tafel und der Mensch ist wie ein wertvoller Gast, der an dieser Tafel bewirtet wird. Jede Art von Lebensmittel ist auf dieser Tafel vorhanden. Alles erforderliche ist hier für den Menschen bereitgestellt. Wenn der Mensch an all diese Gaben denkt, wird er die Erinnerung, mit der Allah an ihn appelliert, nicht übersehen können:
„O ihr Menschen! Gedenkt der Gunst Allahs an euch: Gibt es einen anderen Schöpfer als Allah, Der euch vom Himmel und von der Erde versorgt?…“ (al-Fatir, 35/3)

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Was bedeutet Inkar (Leugnung)?

Inkar (Leugnung) bedeutet, die Angelegenheiten, die der Prophet bezüglich der Religion kundgibt, abzustreiten. Allah stellte den Menschen im Glauben oder in der Leugnung frei. Dies ist zugleich die Prüfung des Menschen auf der Welt. So bestimmte Allah das Schicksal des Menschen. Jedoch ist Er nicht damit einverstanden, dass der Mensch in die Leugnung abdriftet. (az-Zumar, 39/7)
Schon ab dem Anfang der Menschheitsgeschichte gab es Leugnende. Dass der Schöpfer aller Dinge nicht mit den Sinnen wahrzunehmen ist, konnte als Grund zur Leugnung vorgeführt werden. Selbstverständlich ist dies ein recht schwaches Argument. Denn der Nutzbereich der Augen und der Ohren ist begrenzt. Mit diesen kann der Mensch lediglich die materielle Existenz wahrnehmen. Und selbst diese kann er nur beschränkt wahrnehmen, denn er kann nicht alles auf der Welt sehen oder hören. Aus diesem Grund ist es nicht möglich, Allah, Der metaphysisch existiert, mit dem Auge oder dem Ohr zu erfassen. Hingegen kann der Mensch, indem er das Wissen, welches er durch diese Organe erlangt, mit seinem Gedankengut und seinen Erfahrungen bündelt, zur Vorstellung eines Gottes gelangen.
Im Hinblick auf den Glauben an einen Gott ist es wichtig, dass der Mensch nicht voreingenommen ist. Wenn er sich dem diesbezüglichen, reichhaltigen Wissensbestand aufgeschlossen nähert, so wird er einsehen, dass dieser Glaube der Wahrheit (Haqiqah) entspricht.
Im Grunde besitzt der Mensch die Neigung, an eine göttliche Existenz zu glauben. Im Laufe der Geschichte gab es allerdings stets Menschen und Völker, die diesen Glauben bestritten. Der heilige Koran befasst sich mit diesen Personen und stellt ihnen folgende entscheidende Frage:
„…Gibt es denn einen Zweifel über Allah, den Erschaffer der Himmel und der Erde?…“ (Ibrahim, 14/10)
„Oder sind sie etwa aus dem Nichts erschaffen worden, oder sind sie (gar) selbst die Schöpfer? Oder haben sie (etwa) die Himmel und die Erde (also die Schöpfung) erschaffen? Nein! Vielmehr sind sie nicht überzeugt.“ (at-Tur, 52/35-36)
Zu leugnen, dass der Kosmos einen Schöpfer hat, ruft ein unlösbares Problem hervor. Denn in diesem Fall gäbe es drei Möglichkeiten: Erstens, „der Kosmos wurde nicht erschaffen, er hat keinen Anfang“. Zweitens, „der Kosmos hat sich selbst erschaffen“. Drittens, „der Kosmos wurde vom Menschen erschaffen“.
„Der Kosmos wurde nicht erschaffen“ zu sagen, ist ein Widerspruch. Denn in diesem Fall lautet die Behauptung: Eine einwandfrei ablaufende Fabrik könnte auch ohne Handwerker, ein bis ins kleinste Detail durchdachter Computer könnte auch ohne Ingenieur und ein fabelhaft schönes Gemälde könnte auch ohne Künstler entstehen.
Auch die Aussage „der Kosmos hat sich selbst erschaffen“ ist unakzeptabel. Denn von den oben angeführten Beispielen ausgehend würde dies bedeuten, dass die Fabrik, der Computer und das Kunstwerk sich selbst hervorbringen könnten. In diesem Fall kommt folgende Frage in den Sinn: Wie kann etwas, das selbst nicht existiert, sich selbst hervorbringen?
So ist auch die Aussage „der Kosmos wurde vom Menschen erschaffen“ wie die anderen Behauptungen widersinnig. Denn der Mensch herrscht nicht einmal über die Gesamtheit seines eigenen Lebens. Weder die Entscheidung über seine Geburt und seinen Tod noch die Bestimmung seiner biologischer und physiologischer Beschaffenheit liegen in seiner Hand. Wie zu sehen ist, besitzt keiner dieser Behauptungen bezüglich der Erschaffung des Kosmos einen akzeptablen Aspekt.

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