Wie ist der Glaube an die Propheten in anderen Religionen?
Trotz mancher Unterschiede im Verständnis bezüglich des Prophetentums ist der Glaube an die Propheten ein gemeinsames Prinzip der abrahamitischen Religionen. Im Judentum ist der Prophet die von Gott auserwählte Person, die die Kommunikation zwischen dem Menschen und den überirdischen Mächten gewährleistet und mit der Repräsentanz und der Vermittlung beauftragt ist. Der Prophet ist ein Vermittler mit den Aufgaben, die Offenbarung zu überbringen, das ihm Anvertraute unverändert zu überliefern und die Lehren/Worte Gottes den Menschen richtig zu übertragen. Bezüglich des Prophetentums besitzt im Judentum der Prophet Musa (Moses) die wichtigste Position, da ihm die Thora (Tawrat) gegeben wurde. Die Juden akzeptieren, dass nach dem Propheten Moses weitere Propheten kamen und beenden das Prophetentum mit Maleachi. Nach ihm kann es laut ihnen keinen anderen Propheten geben. (Abdurrahman Küçük, Günay Tümer, Mehmet Alparslan Küçük, Dinler Tarihi, S. 299-300) Der jüdische Glaube an die Propheten ist mit dem Glauben an die Propheten, deren Namen in ihrer heiligen Schrift erwähnt werden, begrenzt.
Die Christen, unter deren Glaubensgrundsätzen der Glaube an die Propheten nicht miteinbegriffen wird, nehmen die jüdischen Propheten an. Isa (Jesus) hingegen sahen sie nicht als Propheten, sondern als Gott an. Laut den Christen ist Jesus der göttliche Erlöser. Er ist kein Prophet. Er wurde zu den Menschen gesandt, um sie zu retten. Indem er gekreuzigt und getötet wurde, wurde er zur Kaffarah1 (Sühneleistung) für die Sünden der Menschen. Diejenigen, die an seine errettende Göttlichkeit glauben und sich taufen lassen, werden erlöst. Die Juden lehnten sowohl Jesus als auch Muhammed als Propheten ab, während die Christen die Prophetengabe von Muhammed ablehnten. Im Islam wird hingegen von den Muslimen gefordert, dass sie alle von Allah gesandten Propheten akzeptieren.
Das Verständnis bezüglich des Prophetentums ist im Islam und in anderen Religionen unterschiedlich. Ihre Sichtweise auf die Propheten ist nicht wie die des Islams. Im Judentum ringt Yakub (Jakob) mit Gott. In der jüdischen heiligen Schrift wird aufgeführt, dass Ibrahim (Abraham) dem Pharao seine Frau als seine Schwester vorstellte, Lut (Lot) betrunken mit seinen Töchtern Unzucht betrieb und Dawud (David) einen Kommandanten in den Krieg sandte, um sich dessen Frau zu nehmen. Zudem nannten die Juden Uzayr (Ezra) „den Sohn Allahs“. Im Christentum wiederum wurde Isa (Jesus) als „der Sohn Gottes“ und als „Gott“ bezeichnet, während die Apostel „die Gesandten von Isa/Jesus“ genannt wurden. In biblischen Schriften wird erwähnt, dass für Jesus die Niederwerfung vollzogen wird und zu ihm gebetet wird, sowie dass er die Sünden vergibt. Laut den Christen wird Jesus auch das große Gericht leiten. (Abdurrahman Küçük u.a., Dinler Tarihi, S. 453-454)
Der Islam, der wie in anderen Angelegenheiten auch bezüglich der Propheten den Mittelweg einschlägt, schreibt ihnen keine Umstände zu, die nicht mit dem Prophetentum vereinbar sind, erhebt sie nicht auf das Niveau einer Göttlichkeit und sieht sie als Gesandte und Diener Allahs an. Propheten sind auserwählte Menschen, die mit der Offenbarung (Wahiyy) geehrt wurden und manche überlegene Eigenschaften besitzen, die andere Menschen nicht besitzen. Laut dem Islam sind sie Allahs Diener und Gesandten. Ohne die Erlaubnis Allahs können sie für sich selbst weder einen Profit erlangen noch einen Schaden beheben. Abgesehen von dem, was ihnen Allah verkündet, besitzen sie kein Wissen über das Ghayb2. Folglich lehnt der Islam es nachdrücklich ab, den Propheten Göttlichkeit zuzuschreiben und den Propheten als Sohn Allahs zu sehen.
Der heilige Koran verkündet, dass auch der Prophet Isa (Jesus) der Diener und Gesandte Allahs ist sowie, dass er, wie auch die anderen Propheten, den Tawhid3 kundgab. Er lehnt die Vergötterung des Propheten Jesus ab und betont, dass er ein Prophet ist und dass ihm die Bibel (Indschil) gegeben wurde. Wie in verschiedenen Koranversen bekannt gegeben wird, sagte der Prophet Jesus, dass er Allahs Diener ist, dass Allah ihm ein Buch sandte und dass er zum Propheten erwählt wurde (Maryam, 19/30-36). Er lehnte die Behauptungen, er und seine Mutter seien Götter, unmissverständlich ab und lobpreiste Allah. (al-Ma’ida, 4/116-117)
Der heilige Koran ruft die Juden und Christen zur Befolgung „der Religion Abrahams“ auf, in welcher Allah niemand beigesellt wird. Im heiligen Koran wird besagt, dass als sein Herr (zum Propheten Ibrahim/Abraham) „Werde Muslim!“ sagte, dieser mit „Ich habe mich dem Herrn der Welten ergeben.“ antwortete, und somit darauf hingewiesen, dass der Prophet Ibrahim sich dem Weg des Islams ergab. (al-Baqara, 2/131) Dieser Weg ist der Weg aller Propheten. Im heiligen Koran wird Folgendes verkündet: „Sprich: Wir glauben an Allah und (an das,) was auf uns und was auf Ibrahim, Ismail, Ishaq, Yakub und die Stämme Yakubs (als Offenbarung) herabgesandt wurde und was Musa, Isa und den (anderen) Propheten von ihrem Herrn gegeben wurde. Wir machen keinen Unterschied bei jemandem von ihnen, und wir sind Ihm ergeben.“ (Al-i Imran, 3/84)
Nach dem Glauben des Islam ist der Islam die gemeinsame Religion aller Gesandten. Allah verkündet: „Gewiss, die Religion ist bei Allah der Islam…“ (Al-i Imran, 3/19) Auch wenn die Gebote unterschiedlich waren, riefen alle Propheten die Menschen dazu auf, an die Einheit Allahs zu glauben, Allah zu dienen und zu lobpreisen und alles andere außer Ihm, das sie anzubeten pflegten, zu verlassen. Der Koran gibt kund, dass der Weg aller Propheten der „Islam“ ist, dass sie alle ihren Kindern vermachten, als Muslime zu sterben (al-Baqara, 2/132) sowie dafür beteten, dass Allah sie zu jenen machte, die sich Ihm treu ergeben (Taslim), und dass Allah von ihrer Nachkommenschaft eine Ihm treu ergebene Ummah4 entsenden möge. (al-Baqara, 2/128) Dazu stellt der heilige Koran folgende Frage: „Oder wollt ihr etwa sagen, Ibrahim, Ismail, Ishaq, Yakub und seine Enkel seien Juden oder Christen gewesen? – Sprich: Wisst ihr es besser oder Allah?…“ (al-Baqara, 2/140) Auch der Prophet erklärte mit seiner Aussage „Die Propheten sind Geschwister mit denselben Vätern und unterschiedlichen Müttern.“ (Bukhari, Anbiya, 48), dass die Propheten die Menschen zur gleichen Religion einluden.
1 Die Kaffarah ist die Sühne, um einen Fehler oder eine Sünde wiedergutzumachen.
2 Als Ghayb wird das Reich bezeichnet, das weder mit dem Verstand noch mit den fünf Sinnesorganen erfassbar ist.
3 Der Tawhid (absoluter Monotheismus) ist das Glaubenssystem, in dem an ein einziges erhabenes und transzendentales Wesen geglaubt wird.
4 Eine Ummah ist eine (Glaubens-)Gemeinschaft, deren Mitglieder an eine Religion, die ein Prophet kundgab, glaubt oder die Empfänger dieser Religion sind.
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