Frau und Mann: Zwei Geschlechter aus demselben Kern

Der heilige Koran, der die Hauptquelle der Gebote, Verbote und Ratschläge ist, auf die der Mensch sein Leben lang angewiesen ist, nimmt die Frau und den Mann an erster Stelle als Menschen wahr. Er benutzt sowohl für die Frau als auch für den Mann den Ausdruck „an-nas/Menschen“. Denn er sieht beide zusammen als Adressat an. Der Koran ruft die gesamte Menschheit, ohne zwischen ihnen zu unterscheiden, zum Glauben an Allah auf, bringt Beweise bei und möchte, dass der Mensch durch die Nutzung seines Verstandes das Wahre erreicht. Auf diesem Wege werden die Menschen, die an die von Allah verkündeten Tatsachen glauben und ihr Leben gemäß dieser Verkündungen führen, sowohl auf der Welt als auch im Jenseits die wahre Glückseligkeit erlangen. Dies wird im heiligen Koran wie folgt zum Ausdruck gebracht: „Die gläubigen Männer und Frauen sind einer des anderen Beschützer. Sie gebieten das Rechte und verbieten das Verwerfliche, verrichten das Ritualgebet und entrichten die Sozialsteuer. Sie gehorchen Allah und Seinem Gesandten. Sie sind es, derer Allah Sich erbarmen wird. Gewiss, Allah ist Allmächtig und Allweise.“ (at-Tawbah, 9/71)
Frau und Mann sind beide Diener und Geschöpfe Allahs. Ein Diener zu sein, der das Wohlgefallen Allahs gewinnt, ist durch das Einhalten Seiner Gebote und durch Salih Amal1 möglich. Frauen und Männer, die sich an die Verse, Gebote und Verbote des heiligen Korans halten, werden die Gegenleistung ihrer Taten erhalten. Hinsichtlich der Belohnung und Bestrafung Allahs gibt es keinen Unterschied zwischen Mann und Frau. Dies verkündet unser Herr folgendermaßen:
„…Ich lasse kein Werk eines (Gutes) Tuenden von euch verlorengehen, sei es von Mann oder Frau; die einen von euch sind von den anderen. Denen also, die ausgewandert und aus ihren Wohnstätten vertrieben worden sind und denen auf Meinem Weg Leid zugefügt worden ist, und die gekämpft haben und getötet worden sind, werde Ich ganz gewiss ihre bösen Taten tilgen und sie ganz gewiss in Gärten eingehen lassen, durcheilt von Bächen, als Belohnung von Allah. Und Allah – bei Ihm ist die schöne Belohnung.“ (Al-i Imran, 3/195)
„Wer rechtschaffen handelt, sei es Mann oder Frau, und dabei gläubig ist, den werden Wir ganz gewiss ein gutes Leben leben lassen. Und Wir werden ihnen ganz gewiss mit ihrem Lohn das Beste von dem vergelten, was sie taten.“ (an-Nahl, 16/97)
Auch hinsichtlich der Dienerschaft für Allah und dem Wert der Taten gibt es zwischen der Frau und dem Mann keinen Unterschied. Vielmehr ist das Maß des Wertes bei Allah, sich nach dem Glauben vor Allah rechtmäßig zu hüten. Im 13. Vers der Surah al-Hudschurat wird dies wie folgt formuliert: „O ihr Menschen! Wir haben euch ja von einem männlichen und einem weiblichen Wesen erschaffen, und Wir haben euch zu Völkern und Stämmen gemacht, damit ihr einander kennenlernt. Gewiss, der Geehrteste von euch bei Allah ist der Gottesfürchtigste von euch…“ In diesem Vers wird die Hikmah2 der unterschiedlichen Schöpfung von Mann und Frau erklärt. Beide Geschlechter besitzen ihnen eigene physische und psychische Unterschiede, welche möglich machen, dass sie sich gegenseitig kennenlernen und zusammenkommen. Der Mensch sollte sich von diesen Unterschieden nicht gestört fühlen und keine Gleichheit anstreben. Im 32. Vers der Surah an-Nisa werden Mann und Frau wie folgt angesprochen: „Und wünscht euch nicht (im Neid) das, womit Allah die einen von euch vor den anderen bevorzugt hat. Den Männern kommt ein Anteil von dem zu, was sie verdient haben, und den Frauen kommt ein Anteil von dem zu, was sie verdient haben. Und bittet Allah (um etwas) von Seiner Huld. Allah weiß über alles Bescheid.“ Dass dieser Vers aufgrund des Verweises von Umm Salama (ra.)3 in der Form von „Oh Gesandter Allahs, die Männer begeben sich auf zum Dschihad4, die Frauen führen keinen Dschihad, und uns Frauen wird nur eine Hälfte vom Nachlass gegeben.“ offenbart wurde, zeigt, dass diese Gegebenheit im Rahmen des Gleichgewichts zwischen Rechten und Verantwortungen abzuhandeln ist. 
Während der Geschlechtsunterschied zu keinem Unterschied bezüglich der Rechte und Freiheiten zwischen Männern und Frauen führt, macht er sich hinsichtlich mancher Bestimmungen bemerkbar, bei denen physische und psychische Eigenschaften berücksichtigt werden. Diese selbstverständliche Gegebenheit kann nicht als eine Benachteiligung der Frau gesehen werden. Denn die Berücksichtigung des Geschlechts und der physischen Eignung bei Pflichten und Verantwortungen ist zum Vorteil beider Geschlechter. Damit sich die gegebenen Fähigkeiten gut entfalten können, muss den von der Schöpfung entspringenden Geschlechtseigenschaften Beachtung gezollt werden. 
In manchen Glaubensformen und Denkweisen der Menschheitsgeschichte wurden Frauen aufgrund von manchen Eigenschaften wie dem Haydh5, der körperlichen Schwäche und der Entbindung getadelt, gar wurden diese Eigenschaften als ein Mangel oder eine angeborene Strafe verstanden. Derartige Gesinnungen sind nicht mit dem Frauenverständnis des Islam konform. Außerdem stehen Behauptungen wie, dass Hawwa’/Eva von Allah verflucht wurde, weil sie den Propheten Adam (as.)6 anstiftete, und mit der Entbindung bestraft wurde, sowohl mit der Gerechtigkeit Allahs als auch mit dem heiligen Koran und seinem Verständnis, dass der Mensch ein verantwortliches Wesen auf der Welt ist, im Widerspruch. Laut dem heiligen Koran wurden Mann und Frau aus der gleichen Quelle erschaffen, Adam (as.) und Hawwa’ begingen die Sünde zusammen, flehten zusammen um Vergebung und beiden wurde verziehen: 
„Und Wir sagten: ‚Oh Adam, bewohne du und deine Gattin den (Paradies)garten, und esst von ihm reichlich, wo immer ihr wollt! Aber nähert euch nicht diesem Baum, sonst gehört ihr zu den Ungerechten!’ Doch Satan entfernte sie davon, und da vertrieb er sie aus dem, worin sie (an Glückseligkeit) gewesen waren…“ (al-Baqara, 2/35-36)
Die Menstruationsblutung ist nicht die Strafe, die für diese gemeinsam begangene Sünde einer Seite aufgeladen wurde. Die Entbindung und Mutterschaft, die der Frau eine besondere Position einbringt, sollten nicht als eine Strafe für sie, sondern vielmehr als eine Huld und Gabe Allahs gesehen werden. Dass die Frau während ihrer Menstruation von bestimmten Geboten freigestellt ist und dass ihr Erleichterungen geboten werden, ist das offensichtlichste Zeichen dafür, dass dies keine Strafe ist. Außerdem ist die Bedeckung (Tasattur), die eine wichtige Rolle bei der Gewährleistung der Freiheit der Frau spielt, ein Beweis dafür, dass der Islam die Präsens der Frau in der Gesellschaft vorsieht. Denn die Bedeckung ist eine Vorschrift, welche die Frau nicht zwischen ihren Mahram7, sondern in der Außenwelt und in der Gesellschaft zu befolgen hat. Die Bedeckung bewerkstelligt, dass die Frau ihre eigene Persönlichkeit und ihren Charakter zum Vorschein bringen kann. Außerdem gilt die Bedeckungsvorschrift gemäß der männlichen Körperstatur auch für Männer. (an-Nur, 24/30)


1 Alle dem Willen Allahs entsprechenden, guten und nützlichen Taten zählen zu den Salih Amal.

2 Hikmah bedeutet „Auffassung“, „Kenntnis der Wahrheit“, „Denkvermögen“, „das den Menschen Unbekannte“ und „der Grund, dessen Mysterium vom Verstand nicht begriffen werden kann“.
3 (ra.) ist die Abkürzung für „Radiyallahu anh / anha/ anhum“ und bedeutet „Möge Allah mit ihm/ihr/ihnen zufrieden sein“.
4 Dschihad beschreibt das Ankämpfen gegen die eigene Triebseele, die Verkündung des Islams und jegliche Bemühung auf dem Wege Allahs.
5 Haydh beschreibt die Menstruationsblutung, welche bei Frauen in regelmäßigen Abständen und für eine bestimmte Dauer auftritt und die das Verrichten mancher Glaubenspraxen verhindert.
6 (as.) ist die Abkürzung für „Alayhissalam“ mit der Bedeutung „Gegrüßt sei er“.
7 Ein Mahram ist eine Person, mit welcher ein Verwandtschaftsverhältnis besteht und mit welcher aufgrund dieses Verhältnisses die Heirat nicht gestattet ist.

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